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Alki? Ich doch nicht von Maureen Stewart. Jugendbuchempfehlung

Maureen Stewart:

Alki? Ich doch nicht!

1. Bibliografische Angaben und Lesestufe

  • Maureen Stewart: Alki? Ich doch nicht! Ravensburg: Ravensburger Taschenbuch, 2006, 98 S. (übersetzt von Karin Polz, Originaltitel: Vicki’s Habit)
  • Lesestufe: 7.–9. Klasse

2. Inhaltsangabe
Personen

  • Vicki Lester: 15 Jahre alt, intelligent, beliebt, häufiger Alkoholkonsum
  • Sharon: Vickis Freundin, häufiger Alkoholkonsum
  • Jerry: Sharons Freund, häufiger Alkoholkonsum
  • Pete und Eddie: Vickis Brüder
  • Mr Jones: Sozialarbeiter

Ort
Melbourne, Australien

Handlung
Der Sozialarbeiter Mr Jones führt mit Vicki therapeutische Sitzungen durch, da sie wegen Alkoholismus inner- und außerhalb der Schule aufgefallen ist. Ihre „Nachbereitung“ der Therapiestunden und Reflexionen ihrer jeweils aktuellen Befindlichkeit schreibt sie in Briefen für Mr Jones auf. Diese Briefe bilden den Inhalt des Romans, einige von ihnen sind mit Kommentaren des Therapeuten versehen. Vicki ist ein intelligentes und bei Lehrern und Klassenkameraden in gleicher Weise beliebtes Mädchen. Zu Beginn nimmt sie gegenüber dem Therapeuten eine sehr feindselige, aggressive Haltung ein. Die Teilnahme an seinem psychotherapeutischen Programm ist ihr verordnet worden, was sie als Einmischung in ihr Privatleben empfindet. Obendrein hält sie sich nicht im Entferntesten für eine Alkoholikerin. Von Beginn an wird deutlich, dass der Alkoholkonsum für die Schüler etwas ganz Selbstverständliches ist. Nicht nur in ihrer Freizeit, sondern auch in der Schule – in Pausen und in versteckten Nischen – trinken sie ein Gemisch aus Cola oder Orangensaft und harten Spirituosen. Dass sie angetrunken im Unterricht sitzen, ist nicht selten. Solange sie dabei unauffällig bleiben, wird dies übersehen. Nur übergibt, werden registriert. Allgemein aber scheint Alkoholmissbrauch der Schüler kein Thema für die Lehrer zu sein. Vicki wächst – in durchaus bürgerlichen Verhältnissen – mit dem Alkohol auf. Schon früh darf sie am Bierglas des Vaters nippen, mit elf Jahren ist sie das erste Mal betrunken. Seitdem konsumiert sie regelmäßig Alkohol. Aufgrund der Tatsache, dass sie sich dabei allerdings nicht allzu häufig betrinkt und auch ihre Leistungen in der Schule stabil gut sind, halten weder sie noch ihre Eltern den Alkoholkonsum für ein ernst zu nehmendes Problem. Vor den Eltern hat Vicki keine Geheimnisse und auch keine Probleme mit ihnen, was den Alkohol betrifft. Die Eltern scheinen froh zu sein, wenn sie ihre Ruhe haben und finden es nicht beunruhigend, wenn sich Vicki regelmäßig an den Vorräten im Kühlschrank bedient. Vicki versucht ständig – darin ausgesprochenen Suchtkranken ähnlich –, ihr Alkoholproblem zu bagatellisieren: Was ist schon das bisschen Trinken gegen den allgegenwärtigen Terrorismus und die Vernichtung unserer Welt? Ist nicht der Konsum anderer, illegaler Drogen wie Marihuana oder Speed viel schlimmer zu bewerten? Überhaupt trinken andere, etwa Jerry und vor allem Sharon, viel mehr Alkohol als Vicki – die könnten ein Problem damit haben, Vicki jedoch nicht. Über Vicki erfährt man auch vom Drogenkonsum an der Schule: Zigaretten, Speed, Haschisch, Aufputschmittel und Alkohol – die Schüler nehmen mehr oder weniger alles. Vicki aber bleibt dabei: Alkohol ist für sie keine „echte“ Droge, sonst wäre sie ja verboten. Dies ist ein Grundirrtum vieler Alkoholiker. Interessant ist Vickis Verhältnis zu ihrer besten Freundin Sharon. Anfangs versteht sie sich selbst als eine Art Schutzengel für Sharon, indem sie ihr in verschiedenen problematischen Situationen hilft. Zugleich dient ihr die Freundin, die erheblich mehr und unkontrollierter trinkt, als Alibi. Ohne Zweifel würde Vicki Sharon als Alkoholikerin einstufen, die das Problem nicht unter Kontrolle hat, sich selbst hält sie dagegen für eine „normale“ Trinkerin. Vermutlich weil sie sich keines Problems bewusst ist und sich selbst für überlegen hält, entspannt sich das Verhältnis zu Mr Jones, allerdings ohne dass das irgendwelche Einflüsse auf Vickis Alkoholkonsum hätte. Es wird deutlich, dass sie trotz ihrer Clique eigentlich einsam ist und dass darin ein wichtiger Grund für ihre Sucht zu sehen ist. Vicki beschließt, im Selbstversuch eine Woche auf Alkohol zu verzichten, was ihr auch gelingt. Das Ergebnis ist zwiespältig: Einerseits ist ihr langweilig, andererseits fällt ihr auf, wie negativ sich der Alkohol auf ihre Freunde auswirkt. Nachdem die Woche vorüber ist, kehrt sie zu ihrem alten Leben, also zum regelmäßigen Konsum von Alkohol zurück. Vickis Verhältnis zum Alkohol ist auch in anderer Hinsicht recht widersprüchlich: Obwohl sie selbst schon lange regelmäßig Alkohol trinkt, lehnt sie Alkohol am Steuer strikt ab und regt sich über 11-Jährige, die trinken, auf. Am Sporttag der Schule fällt die Clique unangenehm auf – das Problem zieht weitere Kreise. Unterdessen geht es mit Sharon immer weiter bergab, bis sie in angetrunkenem Zustand auf einer Party von ihrem Freund Jerry geschlagen wird. Das wird für Sharon zu einem Wendepunkt. Mit Vickis Hilfe entschließt sie sich, zu einem Treffen der Anonymen Alkoholiker zu gehen und ihren Konsum einzuschränken. Zwar gibt es noch einen Rückfall, doch schließlich bemüht sich Sharon ernsthaft, ihre Sucht bei den Anonymen Alkoholikern in den Griff zu bekommen. Zudem verliebt sie sich in Steve, ein anderes Mitglied der Gruppe, was den Vorsatz, trocken zu bleiben, stärkt. Vicki beobachtet das mit Eifersucht und Missgunst. Zugleich zeichnet sich ab, dass entgegen allen Erwartungen Sharon den Alkoholismus trotz eines zweiten Rückfalls eher in den Griff bekommen könnte als Vicki. Die beiden ehemals besten Freundinnen entfremden sich zunehmend voneinander. Inzwischen beginnt man in der Schule, das Problem ernster zu nehmen. Da Vicki auffällig geworden ist, suchen zwei Lehrer ihre Eltern auf. Nun ergreifen auch die Eltern Maßnahmen, etwa indem sie den Alkohol zu Hause wegsperren. Vicki jedoch versucht, sich dem Druck zu entziehen, indem sie auf einer Schulparty heimlich trinkt. Auf dem Heimweg von dieser Party wird sie von einem Auto überfahren und stirbt.

3. Kurzinformationen zur Autorin

Maureen Stewart, geboren 1939, lebt in Australien. Sie arbeitete lange als Lehrerin und hat währenddessen viele Bücher über die Welt ihrer Schülerinnen und Schüler verfasst. Ihr besonderes Interesse gilt Problemen und Gefährdungen, denen Jugendliche in der modernen Gesellschaft ausgesetzt sind. Auf diese möchte die Autorin aufmerksam machen und gleichzeitig Hilfestellung geben.

4. Allgemeine Einordnung

Besonders hervorzuheben an Alki? Ich doch nicht! ist, dass der jugendliche Alkoholkonsum in den Mittelpunkt gestellt wird. Angesichts der Fülle von Jugendromanen zur Drogenproblematik scheint dieses Problem teilweise unterzugehen bzw. bagatellisiert zu werden. Den zeitgeschichtlichen Hintergrund bilden die 1980er und 90er Jahre, zu erkennen an der expliziten „no future“-Stimmung, mit der Vicki ihren Alkoholismus zu rechtfertigen versucht. Andere Motive, z. B. die Atmosphäre der Langeweile oder das Bedürfnis, sich von der Welt der Erwachsenen abzugrenzen, sind nicht zeitgebunden.

5. Strukturelle und sprachliche Aspekte

Abgesehen von zwei eingeschobenen Berichten an die Schulleitung und gelegentlichen Kurzkommentaren des Sozialarbeiters handelt es sich praktisch um einen monologischen Briefroman. In den Briefen bereitet Vicki die Sitzungen mit Mr Jones nach, hält ihn aber auch auf dem Laufenden über die Situation in der Gruppe der Jugendlichen. Die Handlung weist zwar eine Entwicklung auf (Rückblende: beginnender Alkoholkonsum, Steigerung der Sucht, Umkehrung des Verhältnisses Vicki–Sharon, Sharons Meistern der Krise, Vickis Tod), bleibt aber, abgesehen von Vickis Tod am Schluss, ohne ausgesprochenen Höhepunkt. Diese Tatsache und die monologische Form könnten manchen Schülern den Zugang zum Roman verbauen. Die Sprache ist verständlich und dem Thema entsprechend. Die Anpassung an den Jugend-Slang ist nicht übertrieben, dennoch erscheint die Sprache Jugendlichen und ihrem Leseverhalten angemessen.

6. Didaktische Anregungen

Arbeit an und mit dem Text
Gerade die u. U. etwas monotone, weil monologische Form des Briefromans lässt Raum für viele Gestaltungsmöglichkeiten, z. B.

  • die Dramatisierung vorhandener Szenen
    Das Angebot möglicher Dramatisierungen ist reich: Von den Treffen der Clique über die Sitzungen bei Mr Jones, vom Verhältnis zwischen Vicki und Sharon bis zu Vickis Situation zu Hause – praktisch alle Grundsituation lassen sich für eine kreative Gestaltung verwenden. Dabei kann man ganz verschieden vorgehen und z. B. die Perspektive wechseln oder das Medium verändern (--> szenische Darstellung, Verfilmung).
  • das Hinzuerfinden neuer Szenen
    Ebenso einfach lassen sich neue Szenen schreiben, die den Stoff der Handlung vertiefen. Einzelne Figuren wie z. B. Sharon, ihr Freund Jerry oder ihr neuer Freund Steve, lassen sich ausgestalten.
  • Auseinandersetzung mit Vickis aktueller Situation und v. a. mit ihren Rechtfertigungs-und Bagatellisierungsversuchen in „Antwortbriefen“ an Vicki, entweder aus der Sicht von Mr Jones oder aus neutraler Perspektive
  • Einschätzung/Schlussbericht (-->Wechsel der Textsorte) des Sozialarbeiters Mr Jones: War seine Arbeit erfolglos oder gab es gar keine Chance? Ursachen des Scheiterns? Andere Möglichkeiten des Zugangs zu Vicki?
  • Lehrerkonferenz: Wie kann es sein, dass die Lehrerinnen und Lehrer so lange wegschauen? Wie kann Vickis Schule/die Schule im Allgemeinen ihre Verantwortung wahrnehmen?


Thema Alkohol

  • Analyse von Werbespots und Zeitungsanzeigen, in denen für Alkohol geworben wird: Mit welchen Mitteln wird geworben, welches Bild soll vermittelt werden? Erreicht die Werbung (bei euch) ihr Ziel?
  • „Gegenwerbung“ entwerfen: Absicht, Mittel
  • Alkoholkonsum bei Schülern deiner Schule --> Umfrage/Bericht
  • Kurzvorträge:
    – Alkoholmissbrauch, seine Ursachen und seine Folgen (für den einzelnen und die Gesellschaft)
    – Das Jugendschutzgesetz und seine Einhaltung
    – Die Anonymen Alkoholiker: Geschichte und Arbeitsweise
    – Alcopops
  • (ca. 9. Klasse:) Alcopops: Einstiegsdroge oder „peppige“ Erfrischung, Verbot oder Tolerierung? -->Erörterung